Einheitswertberechnung von Gebäuden

Verfasser:
Franz X. Böhm
Zuletzt aktualisiert:
26.11.25

Nahezu jedes Grundstück in Deutschland ist durch einen sog. Einheitswert nach den Wertverhältnissen des Jahres 1964 bewertet. Ändert sich etwas an den Gebäuden oder am Eigentümer erlässt das Finanzamt regelmäßig einen neuen Bescheid, den der gelangweilte Steuerbürger bestenfalls ablegt, ungünstigstenfalls vernichtet.

Wofür hat der Einheitswertbescheid Bedeutung?

Seit einigen Jahren ist er offiziell nur noch Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer, die nach dem derzeitigem Gesetzgebungsstand nur noch bis 2022 nach dem Einheitswert bemessen werden soll. Ab dann soll aus verfassungsrechtlichen Gründen ein neuer Sachwert ermittelt werden.

Lohnt es sich somit den Einheitswertbescheid zu prüfen und erforderlichenfalls Einspruch zu erheben?

In vielen Fällen ist die Grundsteuer niedrig und es lohnt sich auf den ersten Blick nur begrenzt in eine detaillierte Prüfung einzusteigen, zumal es nur wenige Experten gibt, die sich in der Rechtsmaterie aus dem Jahr 1964 noch auskennen. Bei näherem Hinsehen kann es sich aber lohnen, hier näher zu prüfen und einen Fachmann zu Rate zu ziehen. Einheitswertbescheide sind häufig falsch, weil

  1. der zuständige Finanzbeamte (der oftmals 1964 noch nicht geboren war) die Rechtsmaterie aus dem Jahr 1964 falsch angewendet.
  2. das Finanzamt auf nicht oder falsch ermittelte Vergleichswerte des Jahres 1964 zurückgreift. Oftmals hat es in der Gegend, in der das Grundstück liegt, 1964 noch gar kein Baurecht/Baugebiet gegeben und das Finanzamt tut sich schwer Vergleichswerte zu finden. Hier ergibt sich ein natürlicher Interessengegensatz. Der Finanzbeamte wird dazu neigen, den Vergleich mit dem (hohen) Wert in der Stadtmitte heranzuziehen. Der versierte Steuerberater wird hingegen den Vergleich mit dem billigen Stadtrand (im Jahr 1964) suchen.
  3. sich mittlerweile die Verhältnisse geändert haben und erhebliche Bauschäden, gar Abrisse von Gebäuden in den letzten 50 Jahren vom Finanzamt (noch) nicht berücksichtigt wurden.
  4. sich häufig die Nutzungsart des Grundstücks erheblich geändert hat. Beispielsweise ist aus einem (teuer) im Sachwertverfahren bewerteten Fabrikgrundstück ein vermietetes Verwaltungsgebäude geworden, das im viel günstigeren Ertragswertverfahren bewertet werden kann.
  5. eine Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit zu einer unterschiedlichen Bewertung führt. So ist es z.B. denkbar, dass bei einem Einfamilienhaus das Nachbargrundstück dazugekauft wurde und das Finanzamt (trotz des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs) immer noch zwei Einheitswerte festsetzt und damit zweimal Grundsteuer anfällt.

Präjudizwirkung für die Bedarfsbewertung bzw. Grundbesitzbewertung

Weitere erhebliche Bedeutung haben die Einheitswerte für die im Erb- und Schenkungsfalle zur berechnenden Grundbesitzwerte. Zwar werden diese nach aktuellen Werten (und nicht nach Werten 1964) berechnet, allerdings greift das Finanzamt in der Praxis häufig auf die in der Einheitswertakte vorhandenen Daten zurück.

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